Lasershow und Bilderflut: Die Kunstinstallation “Latent Being” im 360°-Video

Die Lichtinstallation “Latent Being” des Künstlers Refik Anadol entführt den Zuschauer in die Gedankenwelt von Maschinen. Gemeinsam mit unserem Partner Google Arts & Culture haben wir ein 360°-Video produziert. Der Nutzer kann die bildgewaltige Ausstellung jetzt von daheim aus erleben.

Foto_ Christiane Wittenbecher. IntoVR
Foto: Christiane Wittenbecher. IntoVR

Laser über den Köpfen, ein flackender Teppich aus Bildern, eine übergroße hell leuchtende Leinwand und ein mystischer Soundtrack. All diese Elemente bauen eine bedrohliche, aber auch spannende Stimmung auf. Die Ausstellung “Latent Being”, die in einem ehemaligen Berliner Heizkraftwerk stattfand, lässt beim Besucher Bilder im Kopf zurück, wirft aber auch philosophische Fragen auf.

Zum 360°-Video: Mobilnutzer – auf die Überschrift klicken, um das Video in der Youtube-App zu öffnen.

Vier Kapitel, die miteinander verschmelzen

Die Installation wurde vor der Corona-Pandemie in einem ehemaligen Kraftwerk gezeigt, einem riesigen alten Steingebäude mit hohen Decken. Das Setting ist sehr dunkel, die Finsternis wird nur durch die Laserstrahlen und Projektionen erhellt. Dadurch wirkt “Latent Being” atmosphärisch bis mystisch.

Im ersten Kapitel baut sich ein Geflecht von Lasern über den Köpfen auf. In knapp zwei Metern Höhe verbinden sich Laserstrahlen zu Formen, die durch den Raum wandern. Dieses Labyrinth steht laut dem Künstler Refik Anadol für das neuronale Netzwerk der Maschinen.

Im zweiten Kapitel strömt eine Flut an Berlin-Motiven über den Boden. In allen Richtungen flackert es, gerade deswegen funktioniert die Ausstellung so gut als immersives Video.

Der Besucher verschmilzt mit der Ausstellung. © Refik Anadol

Im dritten Kapitel werden die Besucher selbst zum Teil der Ausstellung. Suchscheinwerfer blitzen von oben auf sie herab, zeigen die Koordinaten der Position an und verfolgen die Menschen, wenn sie sich durch die Ausstellung bewegen.

Foto_ Christiane Wittenbecher. IntoVR
Foto: Christiane Wittenbecher, IntoVR

Das funktioniert über die Eintrittskarte, sie fungiert als GPS-Tracker. Im 360°-Video fühlt man sich in diesem Moment wirklich als Teilnehmer, da die Kamera auch vom Scheinwerfer angeleuchtet wird. Um diesen Effekt zu erzielen, haben wir unserer Kamera einen Tracker umgehängt.

(Der sogenannte Deep-Learning-Algorithmus wird mit Datenmengen gefüttert, die aus digitalisierten Bild-Erinnerungen Berlins bestehen. So entstehen eindrucksvolle Daten-Gemälde. © Camille Blake)

Auf einer überdimensionalen Leinwand verschmelzen im letzten Kapitel Bilder Berlins miteinander. Jeder Durchgang wird mit neuen Bildern gefüttert, die auf sozialen Medien hochgeladen wurden. Da macht es Spaß, in diese morphenden Bilder einzutauchen. Unsere Kamera haben wir für dieses Kapitel weit vorne platziert, um die Leinwand noch größer wirken zu lassen.

Die Ausstellung ist zwar beendet, aber dank des 360°-Videos kann sie hier noch einmal erlebt werden.

Dunkelheit als technische Herausforderung

Bei einer Vorbesichtigung haben wir zunächst die Frage geklärt, wie man den Dreh technisch umsetzen kann, welche Kamera wir einsetzen und an welchen Positionen wir drehen. Eine der Herausforderungen: die Dunkelheit.

Unser Team von IntoVR & Video war im Vorfeld des Hauptdrehs vor Ort, um die Kameraeinstellungen zu testen. Gedreht haben verschiedene ISO- und Shutterwerte getestet und diese dann anschließend am Computer miteinander verglichen. Bei zu hohen ISO-Werten fängt das Bild an zu rauschen, dies wollten wir vermeiden. Der richtige Shutterwert ist wichtig, damit die Bewegungen flüssig und nicht abgehackt wirken.

Foto_ Christiane Wittenbecher. IntoVR
Foto: Christiane Wittenbecher, IntoVR

Eine weitere Herausforderung war die hell leuchtende Leinwand im Gegensatz zur sehr dunklen Umgebung. Das hat uns vor folgende Problematik gestellt: Bei hohen ISO-Werten überstrahlt die Leinwand und das Motiv ist nicht mehr zu erkennen. Drehen wir dagegen mit niedrigen ISO-Werten erkennt man von der dunklen Umgebung nichts mehr, weil es zu dunkel ist. Deswegen haben wir die gleiche Szene mit unterschiedlichen Belichtungswerten aufgezeichnet und dann die Bilder in der Postproduktion mit einer Maske übereinander gelegt.

Konzeptionelle Arbeit für ein VR-Video

Wir mussten konzeptionell überlegen, wie wir den Inhalt auf eine für VR-Anwendungen angenehme Länge bringen. Ein Durchlauf der Ausstellung dauert 27 Minuten. Das ist für ein 360°-Video eine recht lange Zeitspanne, deswegen haben wir uns für eine Länge von maximal zehn Minuten entschieden.

Im Vorfeld des 360°-Videodrehs haben wir mit dem Künstler Refik Anadol ein Video im normalen Format gefilmt. Diese Aufnahmen haben wir dann digital in die 360°-Aufnahmen eingefügt.  So erscheint er im  360°-Video mehrmals an der Wand und erklärt dem Zuschauer die einzelnen Kapitel und gibt Hinweise, wo sie hinschauen können. Das ist ein exklusiver Mehrwert, den die Besucher der Ausstellung nicht hatten.

Der Künstler Refik Anadol geht in seinen Arbeiten immer wieder der Frage nach, wie die allgegenwärtige Technologisierung sich auf die Bereiche Architektur und Kunst auswirkt. Screenshot: IntoVR

Es scheint so, als würde der Künstler direkt mit dem Zuschauer sprechen. Zum Schluss wird der Künstler philosophisch und stellt eine offene Frage, die zum Nachdenken anregt:

Wir leben in einer Welt, in der Maschinen lernen können. Aber können sie wirklich träumen?

Für den Künstler Refik Anadol stehen die projizierten Bilder für gemeinsame Erinnerungen und das Bewusstsein einer Stadt, das sonst nicht zu sehen ist. Ein wirklich sehenswertes Erlebnis, das besonders beim Blick durch die VR-Brille so wirkt, als wäre man bei der Ausstellung vor Ort.

Das Projekt in Partnerschaft mit Google Arts and Culture ist eine Teamarbeit in unserer Produktionsfirma, die uns viel Freude bereitet hat. Konzeption und Interview mit Refik Anadol: Christiane Wittenbecher. Dreharbeiten 360°-Video: Susanne Höb. Postproduktion: Clemens Hirmke.

Innovatives Video-Storytelling

IntoVR & Video ist eine Medienproduktionsfirma mit Sitz in Berlin. Unser Team aus gelernten Videojournalisten hat sich auf innovative Videoformate wie 360°-Storytelling spezialisiert. Darüber hinaus erstellen wir beispielsweise Webvideos für die Websites und Social-Media-Auftritte von Unternehmen, Einrichtungen und Bundesbehörden, beraten mittelständische Unternehmen, Behörden und Konzerne bei Ihren Social-Media-Aktivitäten und bieten regelmäßig Workshops an.